Wie kam es eigentlich zur Oktoberrevolution?

Nachfolgend ein Artikel mit freundlicher Genehmigung aus dem Weblog von Sascha 313

Es ist heute für uns nur noch schwer vorstellbar, unter welchen Bedingungen es damals im Jahre 1917 zur Oktoberrevolution kam. Nach einer mißglückten bürgerlich-demokratischen Revolution im Jahre 1905, war 12 Jahre später, im Februar 1917, erneut eine revolutionäre Situation entstanden. Doch die auf die „Gerechtigkeit“ des Zaren Nikolaus II. vertrauenden Arbeiter wurden bei der Demonstration vor dem Winterpalais in Petrograd brutal niedergeschossen…

Im Handbuch der UdSSR lesen wir:
Im Lande war eine nationale Krise herangereift, die im Zeichen eines gewaltigen Aufschwungs des revolutionären Kampfes der Volksmassen stand. Das gesamte Wirtschaftsleben wurde von einer tiefgreifenden Krise erschüttert, die in der Zerrüttung des Verkehrswesens, in Hungersnöten, unzureichender Versorgung der Betriebe mit Rohstoffen und Brennmaterial sowie in einem jähen Rückgang der Industrieproduktion (ihr Bruttovolumen war 1917 um 36,5% geringer als 1916) zum Ausdruck kam. Die volksfeindliche Politik der bürgerlichen Regierung hatte das Land an den Rand der Katastrophe gebracht. Mit den Mitteln der Massenaussperrung und Sabotage versuchte nunmehr die Bourgeoisie das revolutionäre Proletariat zu terrorisieren.

Die Lage im Land verschärfte sich weiter

In der Zeit von März bis August 1917 wurden 568 Betriebe geschlossen und 104.000 Arbeiter entlassen. Im Herbst 1917 lagen im Ural, im Donezbecken und in anderen Industriezentren bis zu 50% aller Betriebe still. Arbeitslosigkeit wurde zu einer Massenerscheinung. Gleichzeitig stiegen die Preise. In seiner im September 1917 verfaßten Schrift „Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll“ gab Lenin eine treffende Einschätzung der Lage und entwickelte das wirtschaftliche Aktionsprogramm der Partei zur Rettung Rußlands durch die sozialistische Revolution.

Die Arbeiter organisierten sich

Der Kampf des russischen Proletariats nahm unter diesen Bedingungen gänzlich neue Formen an. Kennzeichnend für das gewachsene Klassenbewußtsein des Proletariats war der Zustrom zu den Gewerkschaften und der steigende Einfluß der Bolschewiki innerhalb der Gewerkschaften. Im Oktober war die Zahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter und Angestellten auf über 2 Mill. angestiegen (davon entfiel rund die Hälfte auf Petrograd und Moskau). Daneben schufen die Arbeiter in allen Betrieben ihre Fabrik- und Werkkomitees. Die Streikbewegung dieser Zeit zeichnete sich durch außerordentliche Hartnäckigkeit und einen hohen Grad der Organisiertheit und politischen Zielstrebigkeit aus. Die Arbeiterbewegung war nahe an den entscheidenden Schritt zur Errichtung der Sowjetmacht herangerückt.

Die Soldaten und Matrosen stellten sich auf die Seite der Unterdrückten

Die ihrem Wesen nach sozialistische Bewegung der Arbeiterklasse vereinte sich mit dem Kampf der Bauern um den Boden zu einem einheitlichen revolutionären Strom. Offiziellen Angaben zufolge wurden im August 1917 629 und im September 691 Fälle von Besitzergreifungen gutsherrlicher Ländereien durch die Bauern registriert. Die Hauptmasse der Soldaten und Matrosen stellte sich auf die Seite der Revolution. Das aus Wahlen hervorgegangene Zentralkomitee der Baltischen Flotte (Zentrobalt) erklärte im September im Namen der Matrosen, daß diese die Provisorische Regierung nicht anerkennen und keinem ihrer Befehle Folge leisten würden. Zur gleichen Zeit verstärkte sich die Befreiungsbewegung der unterdrückten Völker in den Randgebieten. Der Aufschwung der revolutionären Bewegung war von einem Zerfall der kleinbürgerlichen Kompromißlerparteien begleitet. Bei den Sozialrevolutionären bildete sich ein linker Flügel, der sich später (im Dezember) zu einer selbständigen Partei der „linken“ Sozialrevolutionäre formierte.

Die Bolschewiki übernahmen die Führung

Nach der Niederschlagung des Kornilowputsches machte die Bolschewisierung der Sowjets rasche Fortschritte (…) Der Prozeß der Bolschewisierung der Sowjets breitete sich über das ganze Land aus: auf den Ural, das Donezbecken, das zentrale Industriegebiet, die Ukraine, Belorußland, Mittelasien usw. Die Losung „Alle Macht den Sowjets!“ wurde von den Bolschewiki erneut auf die Tagesordnung gesetzt, wenn auch mit verändertem Inhalt. Sie wurde jetzt zu einer Losung des bewaffneten Aufstands gegen die bürgerliche Provisorische Regierung mit dem Ziel der Machtergreifung durch die von den Bolschewiki geführten Sowjets. Die von den Massen isolierte Provisorische Regierung geriet in eine Dauerkrise. [1]
Lenin1Lenin2
Resolution des ZK der SDAPR( B ) vom 10.(23.) Oktober 1917
über den bewaffneten Aufstand. Handschrift Lenins.

Unter Leitung Lenins, der insgeheim aus Finnland nach Petrograd zurückgekehrt war, fand eine Sitzung des ZK der SDAPR( B ) zur Frage des bewaffneten Aufstands statt. Und weiter lesen wir im Handbuch:

Gegen die Leninsche Orientierung nahmen Kamenew und Sinowjew Stellung, die behaupteten, daß der Aufstand verfrüht und zum WScheitern verurteilt sei. Dieser Standpubkt wurde nach eingehender Diskussion abgelehnt und eine Resolution angenommen, in der es hieß, daß „der bewaffnete Aufstand unumgänglich und völlig herangereift“ sei. Alle Parteiorganisationen wurden vom ZK angewiesen, ihre gesamte praktische Tätigkeit der beschlossenen Zielsetzunh unterzuordnen. [2]

Mit der Oktoberrevolution begann eine neue Epoche. Die Sowjetunion diente den unterdrückten Völkern zum Vorbild. In zahlreichen Ländern Europas gab es revolutionäre Erhebungen. Allerdings gab sich der Imperialismus noch lange nicht geschlagen. Immer wieder versuchte die Konterrevolution, die junge Sowjetmacht zu zerschlagen, fremde Interventionstruppen griffen das Land von außen an und konterrevolutionäre Banden verwickelten die bewaffneten Kräfte der Revolution in immer neue Kämpfe. Es kam zum Bürgerkrieg, erst allmählich siegte die Sowjetmacht im Lande und begann sich mit Erfolg zu verteidigen.

Zitate:
[1] Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Handbuch, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1971, S.211f.
[2]dto. Handbuch, S.213

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