die erste siegreiche proletarische Revolution der Weltgeschichte. Nach der Februarrevolution 1917
entstand in Rußland die Doppelherrschaft, eine eigenartige Verflechtung zweier Gewalten: der revolutionär-demokratischen Diktatur der Arbeiter und Bauern (Sowjets) und der Diktatur der Bourgeoisie (Provisorische Regierung. Die Bolschewiki strebten danach, die bürgerlich-demokratische Revolution auf friedliche Weise (Lenins Aprilthesen) in die sozialistische Revolution überzuleiten. Unter der Losung „Alle Macht den Sowjets“ mobilisierten sie die Massen für die sozialistische Revolution. Mit der Niederschlagung der Julidemonstration riß die konterrevolutionäre Bourgeoisie die Alleinherrschaft an sich und bekundete ihre Entschlossenheit, die progressiven Mächte gewaltsam zu vernichten.
Die Sowjets mit ihrer sozialrevolutionär-menschewistischen Mehrheit wurden zu kraftlosen Anhängseln der Provisorischen Regierung. Darauf orientierte der VI. Parteitag der SDAPR (B) (26.7. bis 3.8. [8. bis 16.8.] 1917 in Petrograd) die Partei auf den bewaffneten Aufstand.
Am 25.08. (7.9.) inszenierte Kornilow eine Verschwörung, die das Ziel hatte, eine konterrevolutionäre Militärdiktatur zu errichten. Unter Führung der Bolschewiki schlugen die Arbeiter, Matrosen und Soldaten den Kornilowputsch nieder. Damit veränderte sich die Situation im Lande grundlegend, in vielen Sowjets erlangten die Bolschewiki die Mehrheit; die Provisorische Regierung erwies sich als von den Massen isoliert, auch die Truppen sympathisierten in zunehmendem Maße mit der Revolution. Das Land befand sich in einer umfassenden nationalen Krise. Die reaktionären herrschenden Klassen konnten die drohende Katastrophe nicht aufhalten, und auch die Imperialisten der anderen Länder konnten wegen des noch andauernden Krieges den Ausbeuterklassen in Rußland keine wirksame Hilfe leisten. Noch einmal bestand die Möglichkeit, auf friedlichem Wege zur Revolution überzugehen. Die fest mit der reaktionären Bourgeoisie verbundenen Sozialrevolutionäre und Menschewiki lehnten jedoch eine friedliche Übergabe der Macht an die Sowjets ab. Mit der Sitzung des ZK der Bolschewiki am 10. (23.) 10. traten die Vorbereitungen zum bewaffneten Aufstand in das entscheidende Stadium ein,. Auf Vorschlag des ZK der Bolschewiki bildete der Petrogader Sowjet das revolutionäre Militärkomitee zur unmittelbaren Leitung des Aufstands in der Haupstadt. Hunderttausende Arbeiter, Matrosen, Bauern, Soldaten und Rotgardisten traten an, um die konterrevolutionäre Provisorische Regierung zu stürzen. Die Stärke der Revolution beruhte darauf, daß sie sich auf verschiedenen mächtigen Strömen zusammensetzte:
- aus der durch den Krieg erzeugten allgemein-demokratischen Bewegung für den Frieden,
- aus der breiten Bauernbewegung für die Inbesitznahme des Gutsbesitzerlandes,
- aus der starken nationalen Befreiungsbewegung der unterdrückten nichtrussischen Völker des Landes für die nationale Gleichberechtigung und
- und nicht zuletzt – aus der revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse und der mit ihr verbündeten armen Bauernschaft für die Diktatur des Proletariats.
Am 24.10. (6.11.) 1917 begann in Petrograd der bewaffnete Aufstand der Arbeiter, Matrosen und Soldaten. Die Revolutionäre besetzten rasch die wichtigsten Punkte der Stadt;
- die Newabrücken
- die Bahnhöfe
- das Haupttelegraphenamt
- die Kraftwerke
- die Staatsbank
und andere wichtige Objekte.
Am 25.10. (7.11.) verkündete das Revolutionäre Militärkomitee in dem von Lenin verfaßten Aufruf „An die Bürger Rußlands“ den Sturz der Provisorischen Regierung und damit den Sieg der sozialistischen Revolution in Rußland. Am Aben desselben Tages proklamierte der II. Gesamtrussische Sowjetkongreß den Übergang der ganzen Macht an die Sowjets und nahm auf Vorschlag Lenins die Dekrete über den Frieden sowie über den Grund und Boden an. Der II. Sowjetkongreß bildete auch die erste Sowjetregierung unter dem Vorsitz Lenins, die Regierung der Diktatur des Proletariats. In der Nacht zum 26.10. (8.11.) wurde das Winterpalais gestürmt, nachdem der revolutionäre Kreuzer „Aurora“ das Signal gegeben hatte, und die Provisorische Regierung (mit Ausnahme des in einem Auto der USA-Bitschaft geflüchteten Kerenski) wurde verhaftet. Die revolutionären Aufstände erfaßten schnell das ganze Land: schon nach wenigen Tagen hatte die sozialistische Revolution auch in den wichtigsten Industriezentren (Moskau, Woronesh, Samara, Rostow) gesiegt, und bis zum Februar/März 1918 triumphierte sie im ganzen riesigen Rußland. Es war die Zeit des „Triumphzuges der Sowjetmacht“ (Lenin). Die Oktoberrevolution konnte siegen, weil
- sie dem Sehnen der Massen nach Frieden, Sozialismus, Freiheit und einem besseren Leben entsprang
- weiL:sie eine Volksrevolution war, die den Völkern aller Länder den Weg aus sozialer, nationaler und kolonialer Unterdrückung, den Weg zum Sozialismus wies
- sie von der kampferprobten Partei Lenins geführt wurde.
Sie rettete nicht nur Rußland vor der nationalen Katastrophe, sie durchbrach in einem der größten Länder der Erde die Front des Imperialismus, leitete seinen endgültigen Sturz ein und eröffnete eine neue Ära in der Menschheitsgeschichte, die Ära des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus.
Textquelle: Meyers Neues Lexikon in acht Bänden – sechter Band – VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1963, Seite 255